Altenbeken Tag 28

Wie gut, wenn man seinen privaten Pfadfinder dabei hat. Chris hat mir heute in einigen Situationen das Suchen des Weges erspart. Los ging es heute morgen gleich mit einem heftigen Anstieg zum Hermannsdenkmal.

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Dort oben wäre ich bald in die falsche Richtung des Hermannsweges, der uns weiterführen sollte, abgebogen. Da Chris protestierte und das GPS ihm Recht gab, ließ ich mich überzeugen. In Berlebeck gab es neben der Adlerwarte auch einen Bäcker, bei dem wir uns verpflegen konnten. Es folgten etwas später die Externsteine. Es gab also viel zu sehen, auch wenn ich alles schon durch Ausflüge mit meinen Großeltern kannte. Dazwischen gab es immer wieder Anstiege auf den nächsten Berg. Zuletzt ging es durch ein wunderbares Tal an einem Bachlauf entlang. Um zu unserer Unterkunft zu gelangen mussten wir den Eggeweg, auf dem wir zuletzt liefen, verlassen und nach Altenbeken herabsteigen. Die Pension liegt direkt neben einer kleinen Kneipe, dem Lokschuppen, in der wir gerade gegessen haben. Da dort auch Fußball übertragen wird, konnte ich Chris gleich dalassen. Nach dem Spiel hol ich ihn dann ab, damit wir uns noch das beleuchtetet Viadukt anschauen können, das uns empfohlen wurde. Altenbeken hat nicht nur einen Bahnhof, sondern auch eine ICE-Anbindung. Das kann meine Heimatstadt Gelsenkirchen nicht von sich behaupten.
Direkt am Waldrand ist uns heute morgen eine Beschriftung an einem Baum aufgefallen. Gut dass den Touristen gesagt wird, wo sie hier sind.

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Detmold Tag 27

Heute war der Weg mal wieder spannend. Direkt hinter Linderhofe ging der Weg erst einmal im 90 Grad Winkel von dem von mir vorher geplanten Weg ab. Nach ca. zwei Kilometern ging es auf einen Berg, dort verschwand dann der Weg. Offensichtlich war der örtliche Wanderverein noch nicht mit dem neuen Weg fertig. Auf den nächsten Kilometern gab es zwar vereinzelt Wegzeichen, aber fast nur auf geraden Strecken, an den Kreuzungen fehlten sie. Damit wurde die Wanderung zur Schnitzeljagd. Dank GPS war meine Trefferquote bei der Wegwahl sehr gut. Da der Weg nun auch 5 Kilometer länger war, kam ich etwas später in Lemgo an, so dass mein neuer Mitwanderer etwas warten musste. Der Rest der Strecke war kein Problem. In Detmold gab es sogar trotz Feiertags eine Möglichkeit an Nahrung zu gelangen. Inzwischen sind wir in der JuHe angekommen. Heute muss zum ersten Mal mein Regencape trocknen, da es weite Teile des Tages geregnet hat. Aber schon morgen soll es wieder trockener werden. Jetzt geht es langsam auf das Bergfest (Hälfte der Strecke) zu, das ich wohl Freitag feiern kann.
Abschließend gibt es noch den idealen Rastplatz für Regentage. Sogar an die Aufhängung für Regencapes wurde gedacht. Nur die Brötchen sind wegen der Feiertage von Samstag und schon etwas hart.

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Linderhofe Tag 26

Ich wünsche euch allen ein gesegnetes Osterfest! Heute morgen klingelte der Wecker früher als gewohnt. Schon um 4:30 musste ich aus den Federn. Diesmal stand aber erst einmal ein Weg ohne Gepäck an. Es ging gerade einmal ein paar hundert Meter die Weser entlang. Zwischendurch begegneten mir noch einige Jugendliche, die gerade aus der Disko kamen. Mein Ziel war die Münsterkirche, denn zum ersten Mal konnte ich nicht an der heimischen Osternachtsfeier teilnehmen. In der fremden Kirche musste ich mich erst einmal zurechtfinden. Ich war recht früh dran und wunderte mich nicht, dass ich noch alleine in den Sitzreihen saß. Erst als einige Menschen hereinkamen und gleich wieder verschwanden wurde ich hellhörig. Es stellte sich heraus, dass die Osternacht in der Krypta begann. Der Gottesdienst hat mir sehr gut gefallen. In den Ablauf des Gottesdienstes waren Prozessionen integriert, so dass die Tauferinnerung in der Taufkapelle und die Evangeliumslesung und alles weitere im Mittelschiff stattfand. Begleitet wurde der Gottesdienst auch von einem Taizé-Chor. Offensichtlich können Choristen in Hameln noch früh aufstehen. Ihre Gesänge erinnerten mich stark an die Kirchentage, denn nur da höre ich sonst so viele Taizé-Gesänge auf einmal.
Nach dem Gottesdienst ging es zurück in die Jugendherberge zum frühstücken. Der Weg war heute auch sehr österlich gestimmt und lies sich suchen. Die heutige Etappe sollte parallel zum Hansa-Weg verlaufen. Nur wurde dieser vor kurzem an vielen Stellen umgelegt. Leider hatte man die E1 Markierungen nicht immer mit verändert. Es gab auch Stellen an denen die alte Markierung entfernt, aber keine neue ersetzt wurde. Aus diesem Grund bin ich heute der neuen Markierung des Hansa-Weges gefolgt, der schöner (aber auch länger) war als der alte Weg. In der nächsten Zeit werde ich öfter nach anderen Markierungen Ausschau halten müssen, da der E1 nicht überall gut ausgeschildert ist, insbesondere dort wo er parallel zu anderen Fernwanderwegen verläuft.  Bei einer Pause traf ich dann den Osterhasen. Ein riesiger Feldhase kam bis auf ca. 5 Meter an meine Bank heran, als ich dort saß und Zeitung las. Fotos von ihm gibt’s später, da ich nur meine Kamera parat hatte und ich von ihr keine Fotos hochladen kann.
Etwas später traf ich dann noch alte Bekannte. Die vier WanderInnen von vorgestern waren im Chaos der alten und neuen Wege an mir vorbeigelaufen, so dass sie plötzlich vor mir auftauchen. So konnten wir noch ein Stück gemeinsam laufen ehe sie ihr Ziel erreicht hatten. Für die vier geht es dann im Herbst weiter.
Da ich heute in einem ganz kleinen Ort bin, hab ich nur ab und zu Internetzugang. Mal sehen, ob es zum hochladen des Artikels reicht. Ansonsten gibt es ihn morgen wenn ich auf Lemgo zulaufe. Ab Lemgo werde ich dann drei Tage von einem Pfadfinder unterstützt.
Bereits gestern bin ich auf der Etappe ein paar Kilometer parallel zum E11 gelaufen. Dieser ist praktisch die West/Ost Verbindung durch Deutschland. Das wäre doch was für die Zeit nach der Pensionierung 😉

Hameln Tag 25

Fast jeder weiß was in Hameln geschah, vor Tausend und einem Jahr… Endlich konnte ich mir die Stadt anschauen, die zu einem meiner Lieblingslieder gehört. Hameln hat eine nette kleine Altstadt, die ich gerade schon besichtigen konnte. Jetzt sitze ich in der Jugendherberge und warte darauf, dass ich mich um 17 Uhr anmelden kann. Die Tour war heute sehr kurz, deswegen habe ich viel Zeit. Ich habe gerade schon meinen Ostereinkauf getätigt. Da ich jetzt zwei Tage lang nicht einkaufen kann, mussten Vorräte beschafft werden. Für morgen habe ich mir beim Bäcker einen riesigen Osterkranz gekauft. Die meisten Traditionen fallen tourbedingt aus. Immerhin gibt es hier morgen um 5:30 Uhr einen Osternachtsgottesdienst an dem ich teilnehmen werde.
Der heutige Tag war mal wieder für Pausen ungeeignet. Der Wind ist nämlich wieder da. Dadurch wird es noch kälter. Kleinere Schnee- und Graupelschauer rundeten das winterliche Wetter ab. Gegen ein paar Grad mehr hätte ich nichts einzuwenden. Die Sonne schaut aber auch immer mal wieder raus.
Heute gab es noch Materialversagen an einer Stellte, an der ich es nicht erwartet habe: Ein Socken ist durch. Ich hab in die Ferse ein Loch gelaufen und das schon nach 24 Etappen. Von Smartwool-Socken hätte ich da mehr erwartet. Ein Paar habe ich jetzt noch, das jetzt bis Frankfurt aushalten muss, dann kann ich mir Nachschub besorgen.
Inzwischen hatte ich das Glück, dass schon wer kam, bei dem ich mich anmelden konnte. Ich wurde sehr nett empfangen, auch die Osternacht ist dank eines Haustürschlüssels gesichert. Und da noch Gruppen im Haus sind, die nachher Abendessen bekommen, kann ich mich da anschließen und brauche gar nicht zurück in die Stadt.
Jetzt gibt es hier noch einen entspannten Leseabend. Und schließen muss ich in Hameln natürlich auch wieder mit Hannes Waders Rattenfänger:
“Solange kann ich nicht sterben, nicht ausruhn, nicht mal fliehn, sondern muss als Spielmann und Rattenfänger immer weiter ziehn.“
Eurer Rattenfänger

Bad Münder Tag 24

Inzwischen freut sich mein Körper anscheinend schon, wenn die Strecken unter 37 Kilometer lang sind und fängt dort schon an zu regenerieren. Auf der heutigen Tour hatte ich schon keine Muskelprobleme mehr. Da die heutige und die morgige Touren nochmal recht kurz sind, ist das eine wunderbare Gelegenheit um Kraft zu tanken.
Heute Morgen wurde ich dann von einem ortsansässigen Scout bis zurück an den Weg begleitet. Dort sah ich schon zum ersten Mal vier WandererInnen, die ebenfalls nach Mehrtagestour aussahen. Bei der nächsten Pause überholten sie mich und ich holte sie dann später wieder ein. Sie sind ebenfalls auf dem E1 unterwegs und laufen jedes Jahr im Frühjahr und im Herbst jeweils vier Tage. Im Laufe des Tages sind wir immer mal wieder ein Stück gemeinsam gelaufen. Da sie auch mit einem GPS unterwegs sind (eTrex), kann ich mit meinen dann hoffentlich fertigen Tracks aushelfen.
Ansonsten gab es heute meine erste Burgruine auf dem Weg zu bestaunen.
Die Heisterburg zeigt, dass dieser Weg auch früher schon militärisch bewacht war. Ich finde es immer wieder spannend, wenn Wanderwege offensichtlich an alten Verkehrsadern entlang führen, die heute nicht mehr groß verwendet werden.
Ein anderer alter Brauch hat sich auf den Dörfern gehalten: Der Schützenverein. In jedem noch so kleinen Dorf hängen hier Holzscheiben an den Häusern die verkünden wann die Bewohner Schützenkönig/-in war. Kommen dazu noch die Wachhunde, die leider nicht immer hinter Zäunen gehalten werden (ich musste auch schon von einer Hundebesitzerin befreit werden, deren Hund unbeaufsichtigt herumlief und mich festgesetzt hatte), fühlt man sich manchmal an das düstere Bild erinnert, das Degenhardt in seinem Lied “Fremder mit dem Hinkefuß“ malt. Die Menschen selber sind aber ganz im Gegenteil meist freundlich und aufgeschlossen. Ich werde oft angesprochen und über meine Reise ausgefragt. In einem Dorf stand sogar ein Schild, dass die Wanderer in Gedichtform dazu aufrief im sich im Vorbeigehen an den Obstbäumen zu bedienen. Leider laufe ich dazu in der falschen Jahreszeit.
Jetzt wartet morgen die Rattenfängerstadt auf mich.

Rodenberg Tag 23

Die Erde ist doch nicht flach! Mit dem Deister habe ich heute die erste Erhebung erreicht, die diesen Namen auch verdient. Ab jetzt wird es zunehmend bergiger. Dabei ist Bewegung zur Zeit sehr gut, da man sonst draußen festfriert. Die Strecke war auch mal wieder länger als gedacht, auch ohne Verlegung des Weges. Langsam habe ich die Vermutung, dass die Kilometerangaben im Kompass Reiseführer frei erfunden sind.
Heute hatte ich mal wieder dass Glück Menschen an der Strecke zu kennen, so dass ich privat untergekommen bin. Die Unterkünfte über Ostern sind inzwischen auch alle gesichert.
Morgen gibt’s dann noch was zu Schützenvereinen und scharf gemachten Hunden. Als Vorbereitung darf “der Fremde mit dem Hinkefuß“ von Degenhardt  dienen.

Steinhude Tag 22

Diese Geschichte ist nur ein böser Traum und dass der mal wahr wird glaube ich kaum, denn längst setzen sich Menschen dagegen zur Wehr und jeden Tag werden es mehr. Die Wader Liebhaber haben hier vermutlich längst den “Talking böser Traum Blues “ erkannt der von der Zündung einer Atombombe im Steinhuder Meer handelt. Heute ist es hier aber ganz ruhig und kein Atompilz hängt über den Dächern. Ich bin nach 37 Kilometern in meiner Pension angekommen und bis oben hin vollgefressen. Da es heute Nacht ordentlich geregnet hatte, war heute alles nass und eine lange Mittagspause bot sich nicht an.   Unterwegs fand ich auch keinen Bäcker, und so bin ich recht ausgehungert in Steinhude angekommen. Da kam der Lebensmittelladen mit mobilem Imbiss gerade recht. Nach Pommes, Frikadelle, einem halben Kilo Blaubeerquark und ’nem Liter Fruchtsaft wartet jetzt hier noch mein täglicher Apfel, aber der wird wohl noch ein Stündchen  überleben.
Mit dem heutigen Tag habe ich das erste Drittel meiner Tour abgeschlossen. Heute haben mich viele Leute in den Dörfern angesprochen, auf den Wegen im Wald treffe ich momentan nur selten Menschen. Dabei fing der Tag mit dem Frühstück recht schweigsam an. Wir waren in dem Gasthof zu dritt aber jeder hatte beim Essen sein Smartphone in der Hand (bei mir war’s ne Ausnahme, da ich noch ne Mail schreiben musste). Mein Nachbar führte nur zwischendurch ein Telefonat in dem er irgendwen wegen schlechter Terminabsprachen zur Schnecke machte. Dabei lief NDR1 (mit unserem WDR4 vergleichbar). Jetzt weiß ich auch wieder warum es mich aufregt wenn Liedermacher wie Wader und Mey im Plattenladen unter der Rubrik “Schlager“ zu finden sind. Das Lied über Tante Emma Läden, das heute morgen im Radio lief hat nicht viel mit “Emma Klein“ von Wader zu tun.
Neben einigen weiteren netten Unterhaltungen bin ich kurz vor dem Ziel noch an einer Gruppe älterer Herren vorbeigekommen, die auf ihrem Fahrradausflug (teilweise eBikes) gerade Pause machten. Sofort wurde ich von mehreren umringt und von allen Seiten ausgefragt. Einer schien die Strecke auch selber schon gelaufen zu sein und meinte die schönste Strecke wären die letzten Etappen ab Titisee. Nach einer kurzen Unterhaltung ging es für mich weiter. Später holte mich die gesamte Truppe wieder ein und mit jedem wurde im Vorbeifahren ein paar Worte gewechselt. So macht das ganze richtig Spaß.
Für mich sollten jetzt drei etwas kürzere Etappen kommen, die meinen Muskeln die dringend benötigte Ruhe verschaffen. Nach drei Wochen habe ich jetzt zum ersten Mal mit Muskelkater zu kämpfen. Aber es scheint auch schon zu reichen, wenn ich mal nicht über 40 Kilometer laufe: Mein linker Wadenmuskel, der in den letzten beiden Tagen öfter mal gezogen hat, beruhigt sich wohl schon wieder.
Als Bild des Tags gibt es noch das Foto eines Wegweisers der meine Strecke recht gut beschreibt. Zum Glück gab es keine Kilometerangaben, denn die stimmen eh nie.

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Mellendorf Tag 21

Was gibt es schöneres als in den Frühling hineinzulaufen? Heute hier, morgen dort und zwischendurch ein wenig Gremienarbeit übers Smartphone. So langsam gewöhne ich mich an diese Art zu leben. Als Nachwirkung des gestrigen Chaos war der Weg heute nochmal recht lang, da ich heute erst in die Innenstadt von Celle zurücklaufen musste um wieder auf den E1 zu stoßen. Heute war der Streckenverlauf wie geplant. Nur an der Ecke an der alter und neuer Weg zusammenführen sollten musste ich einen Kilometer nach GPS laufen, da ich die Markierung verloren hatte. Dafür wurde ich auch gleich mit einer Bank und einigen Rehen entschädigt.
Das Wetter könnte etwas sonniger und wärmer sein, aber immerhin ist es meist trocken und die Sonne schaut auch schon mal raus.
Meine Blasen sind praktisch verheilt und machen keine Probleme mehr. Nur ein paar Muskel nehmen mir gerade die letzten beiden langen Strecken übel. Um Osten gibt es aber auch wieder ein paar kürzere Strecken, dafür kommen dann auch die ersten nennenswerten Erhebungen.
Da hier einige Städte in der Nähe sind, die in Liedern von Hannes Wader vorkommen, singe ich seine Lieder zur Zeit noch mehr als ich dass eh schon mache. Insbesondere “der Rattenfänger“ ist ständig dabei. Ich kann nur die letzten Strophen immer noch nicht sicher. Da werde ich noch mal ins Original hören müssen. Bis ich Sonntag dann Hameln erreiche muss das sitzen. Solange mir keine Verletzung dazwischen kommt, komme ich Samstag in Hameln an. Sonntag werde ich dann einem Osternachtsgottesdienst in einer der beiden Innenstadt-Kirchen beiwohnen.
Abschließend gibt es heute noch ein Foto, das stellvertretend für die niedersächsischen Wege steht:

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Außerhalb der für Touristen nett hergerichteten Gebiete gehen diese üblicherweise kilometerweit geradeaus. Die Dörfer dazwischen sind allerdings teilweise richtig schöne Fachwerkdörfer.

Celle Tag 20

Wenn sich der Hannoveraner Wanderverein und die Bundeswehr zusammentun wird der Tag spannend und mit über 47 Kilometer zum zweitlängsten.
Eigentlich waren heute nur ca. 35 Kilometer geplant. Ich bin wie jeden Tag um 9 Uhr gestartet und hatte den Weg direkt hinter der Jugendherberge. Ab dann wurde es spannend. Es fing damit an, dass mich der Wanderweg spontan über eine Pferde-Rennbahn führte. Glücklicherweise fand gerade kein Rennen statt. Es folgte ein Spaziergang durch den Garten des zugehörigen Reiterhofs. Der hier zuständige Wanderverein hatte mal eben den Weg umgelegt, um noch durch eine schöne Heidelandschaft laufen zu können. Dass man anschließend auf einem eher uninteressanten Wanderweg zurücklaufen musste war die Konsequenz. Um einen Mahnstein an einen Waldbrand nicht zu verpassen, ging es sogar noch mal in einem Bogen zurück. So läuft man mal eben ein paar Kilometer mehr als gedacht. Als es wieder Richtung Norden ging dachte ich sogar erst, dass ich versehentlich eine Alternativroute zurücklaufe.
Nachdem ich in der Pension bereits gemeldet hatte, dass es später wird, hörte ich plötzlich von rechts vorne Schüsse. Da es immer mehr wurden schloss ich Jäger aus. Also war die Bundeswehr wohl wieder da. Wenig später ging es dann links vom Weg auch los. Den Geräuschen zu urteilen waren verschiedene Kaliber im Einsatz. War ich in eine der berüchtigten Übungen Kampftruppe orange gegen blau gelandet? Im Leitfaden für Zivis stehen viele wichtige Dinge (z.B. dass Zivis die im Dienst sterben Anrecht auf ein Staatsbegräbnis inkl. Fahne auf dem Sarg haben. Ob der Stahlhelm durch die Klobürste ersetzt wird ist mir nicht bekannt.), nicht aber was man tun soll wenn man auf Menschen trifft die den Dienst an der Waffe nicht verweigert haben. Meinem Freund mit dem ich gerade telefonierte um zu besprechen wann er mal eine Etappe mitläuft, konnte ich nur noch sagen, dass er dem MAD nicht glauben sollte wenn sie von einem tragischen Unfall sprächen, da war die Leitung auch schon tot. Ein zweiter Blick verriet den leeren Akku. Unsere olivgrünen Freunde übten auch brav hinter den hohen Betonmauern einer größeren Schießanlage. Da mir unser Verteidigungsminister auf einem Schild mit sonst was drohte, verzichtete ich auf das schießen von Fotos.
Kurz vor Celle gab es dann die nächste Überraschung: Der Weg war schon wieder umgelegt worden. Diesmal stand sogar ein “neu “ unter dem ersten anderes abzweigenden Wanderzeichen. Diese Änderung war sogar durchdacht. Der Weg wurde nicht viel länger, dafür wurde man aber durch die Celler Altstadt geführt. Und wer seinen Reinhardt Mey kennt, dessen passendes Lied ich direkt im Kopf hatte, der weiß auch von den Celler Fachwerkgiebeln. Dieser Umweg hat sich echt gelohnt. Jetzt hoffe ich nur, dass die nächsten Etappen nicht so lang sind, da ich solche Touren nicht jeden Tag laufen kann. Meine Muskeln beschweren sich langsam.

Müden Tag 19

Es war eine schöne Abwechslung nicht alleine zu laufen. Mein Vater hat mich heute noch bis Wietzendorf begleitet und ein ganz schönes Tempo vorgegeben. Wir hätten einen Schnitt von 5,7 km/h, den ich aber auf dem zweiten Teil der Strecke nicht mehr halten konnte. Der Weg wurde auch etwas länger als geplant, da wir zuerst aus Soltau nicht herausgefunden hatten. Den Zubringer zum Bahnhof haben die dort mit dem üblichen Andreaskreuz markiert, so dass wir in eine Sackgasse liefen, während der wahre Weg unauffällig vorher abbog. In Wietzendorf gab es dann noch ein gemeinsames Mittagessen. Auch mein Onkel war wieder dabei, der den Wagen nachgeholt hatte. Nach dem Essen ging es für die beiden nach Hause und für mich weiter. Ich habe jetzt endlich eine Kopfbedeckung hier und habe ein Buch ungelesen zurückgeschickt, da ich neben meiner Wochenzeitung kaum zum Lesen komme.
Die europäischen Fernwanderwege sind ja ein Zeichen des Friedens und der Völkerverständigung. Seitdem aber ein Verteidigungsminister (nein nicht der mit den gegeelten Haaren) medienwirksam verkündete, dass Deutschlands Freiheit auch am E1 verteidigt werde, ist damit Schluss. Inzwischen sind mir alle Waffengattungen begegnet. In Flensburg und Kiel wachte die Marine (gerade ohne Gorch Fock), hinter Schleswig begleiteten uns die Kampf-Jets und Kasernen aller Art säumen den Weg. Heute durfte ich in der Nähe eines Truppenübungsplatzes wandern. Dort begegneten mir dann die Artillerie-Übungsplätze.

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In den Wäldern habe ich jetzt schon öfter Schilder gesehen, die dem Militär zumindest einige Wege verwehren. Es besteht also noch Hoffnung.

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Dank der vielen Sandwege ist das Wandern hier trotz weniger Höhenmeter teilweise recht anstrengend. Immerhin habe ich meine Unterkünfte jetzt schon mal bis Gründonnerstag gebucht. Um Ostern herum wird das immer schwerer. Eine interessante Entdeckung habe ich im Zusammenhang mit Ostern gemacht: Kaum ein Osterfeuer wird in der Osternacht gezündet. Die meisten finden Karsamstag statt (auf den Plakaten dazu steht natürlich immer Ostersamstag, aber mir fehlt der Edding zum korrigieren). Vereinzelt gibt es auch welche an Gründonnerstag. Immerhin scheint bis jetzt noch niemand auf die Idee gekommen zu sein an Karfreitag Osterfeuer zu zünden. Ich denke damit muss man fast schon zufrieden sein.
Heute verbringe ich die wohl teuerste Jugendherbergsnacht in der DJH Müden. Da die JuHe leer ist wurde mir ein Zimmer mit Dusche/WC gegeben. Das passiert öfter mal, alleine auf dieser Tour hatte ich das schon zweimal. Neu war hier nur dass ich dafür 6 Euro Aufschlag zahlen musste. Damit bin ich bei 30,40 Euro. So viel habe ich noch nie in einer JuHe für Übernachtung/Frühstück gezahlt. Und da soeben eine Jugendgruppe auf meinen Gang gezogen ist, werde ich wohl wieder eine Nacht mit Ohrstöpseln verbringen.